Dr. Wolfgang Schömbs alias „Dr. Jazz“ schlägt vor 270 Zuhörern eine Brücke zwischen Jazz und Klassik und begeistert das Publikum mit seinen fantasievollen Interpretationen.

21. Jazz im Schloss:


Klassiker modern verpackt, ohne die Seele zu nehmen


Dr. Wolfgang Schömbs alias Dr. Jazz begeistert im Schloss mit Improvisationen nach Werken von Bach, Beethoven, Mozart und anderen

Seit 21 Jahren gibt es „Jazz im Schloß", eine Konzertreihe, die am Samstagabend ein weiteres Highlight erlebte. Dr. Wolfgang Schömbs, alias „Dr. Jazz“, war zu Gast in der guten Stube der Stadt. Sozusagen ein Heimspiel für den Harzburger, der sich einmal mehr in Hochform präsentierte.

PIANISSIMO! - Play Bach, Beethoven, Mozart, Chopin & more", war das Konzert betitelt, womit auch die klassischen Quellen genannt sind, aus denen die Variationen von Dr. Schömbs hervorsprudelten. Sicher nichts für Klassik-Puristen, doch der ,,verjazzte Doc" passt eben in keine gängige Schublade. Und das ist gut so. Ein musikalischer Freigeist wie Schömbs würde in der Enge komponistischer Zwänge ganz sicher Atemnot bekommen.

Schömbs nimmt sich das Recht, sich und seinem auf Hochglanz polierten, schwarzen Konzertflügel alles abzuverlangen, was in der Symbiose zwischen Jazz und Klassik machbar ist. Er improvisiert, ohne den Klassikern ihre Würde und Seele zu nehmen. Die Spielfreude des Vollblut-Pianisten ist ansteckend, sodass sich das Publikum gern auf das experimentelle Spiel des Meisters einlässt. Und es ist genau diese ungewöhnliche Verschmelzung verschiedener Stilrichtungen, die „Jazz im Schloß" zu einem echten Musik-Erlebnis werden lässt, das von den 270 Zuhörern mit ehrlicher Begeisterung honoriert wird.

Sein „Schimmel“, wie Schömbs seinen Flügel nach dessen weltbekanntem Erbauer nennt, sei ein toller Partner: „Er antwortet, wenn ich ihn anspreche, er reagiert mit Tönen und Harmonien, wenn ich ihn berühre, er meldet Disharmonien sofort, und wenn ich gut drauf bin, geht auch er voll mit.“ Und beide waren am Samstag gut drauf.

Vor der Pause bestimmen Mozart, Bach und Beethoven das Konzert. Ein Genuss dabei Schömbs Interpretation von Bachs Praeludium II (Das Wohltemperierte Klavier), bei der Schömbs, anders als viele andere Interpreten, der Versuchung widersteht, neue Temporekorde aufzustellen. Vielmehr nutzt er die Vorgabe Bachs, Tempo und Lautstärke dem Pianisten zu überlassen, das Werk „in meinem eigenen Lebensrhythmus“ zu präsentieren. Ungewöhnlich auch die Variationen von Pathétique I und II (Beethoven), Italian Concert Night in Tunesia und Italian Concert I (Bach).

Zuweilen scheint der Maestro gedankenverloren vom musikalischen Thema abzuschweifen, um wenig später traumwandlerisch sicher den Faden zum Original wieder aufzunehmen, um es leise ausklingen oder in einem furiosen Finale förmlich explodieren zu lassen.

Großartig auch Teil zwei des Konzerts, in dem Schömbs mit Schumann (Träumerei in Blue) und Chopin (Fantaisie Impromptu) ,,zwei Jungs" huldigt, die 200 Jahre alt geworden wären. Darüber hinaus kleidet „Dr. Jazz“ weitere Klassik-Perlen wie Air (Bach), For Elisa (Beethoven) oder die Wiener Sonate von Mozart in ein modernes Gewand.

Schömbs schlägt mit seinen Interpretationen nicht nur eine Brücke zwischen Jazz und Klassik, sondern weckt auch das Interesse beim jüngeren Publikum der iTunes- und Youtube-Generation für die Musik der alten Meister. Und das dürfte letztlich auch die konservativen Klassik-Hüter wieder etwas milder stimmen.


Egon Knof  (Text + Foto)

Goslarsche Zeitung, 25. 10. 2010

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